Großstadtseelsorge – Pastoraltheologische Exkursion nach Berlin

Am Fronleichnamsmorgen machten sich die 8 Teilnehmer:innen des Hauptseminars „Großstadtseelsorge“ unter der Leitung von Sara-Marie Hüser auf den Weg zu ihrem Exkursionswochenende in Berlin. Bei der Ankunft am späten Nachmittag im Exerzitienhaus St. Vinzent in Berlin-Charlottenburg konnten wir uns mit den Student:innen aus Freiburg bekannt machen, die gemeinsam mit Mirjam Hake die Exkursion vervollständigten. Ein kurzer Einstiegsimpuls am Zoologischen Garten gab uns die Möglichkeit, die Besonderheiten der Großstadt Berlin wahrzunehmen. Besonders prägnant war an dieser Stelle natürlich der allgegenwärtige Verkehr und das Zusammentreffen von sehr unterschiedlichen Leuten. Vielen fielen die sichtbare Obdachlosigkeit und auch die Präsenz der Ökumenischen Bahnhofsmission auf. Ein gemeinsames Abendessen beendete schließlich offiziell den ersten Veranstaltungstag.

Der nächst Morgen begann mit dem ersten von zahllosen Anfahrtswegen mit der U-Bahn. Ziel war die Baustelle des House of One, ein Pilotprojekt zur baulichen Vereinigung einer Kirche, einer Moschee und einer Synagoge. Frithjof Timm konnte uns einiges zur außergewöhnlichen Architektur sowie den Hürden und dem Potenzial der inter- und intrareligiösen Zusammenarbeit erzählen. Wir sind gespannt darauf, das Gebäude und die pastorale Arbeit dort weiter zu beobachten. Im Anschluss gab es freie Zeit, indem Berliner Sehenswürdigkeiten und kulinarische Feinkost selbstverständlich nicht fehlen durften. Der Nachmittag war reserviert für einen Besuch im Jüdischen Museum. Die Führung zum Thema „Nach 1945“ beschäftigte sich einerseits mit der Wahrnehmung der beiden Gruppen aus deutschstämmigen Jüd:innen, die entweder Exilerfahrungen oder die Schoa erlebt hatten. Anderseits wurde auf die Situation in der DDR und BRD Berlins für Jüd:innen hingewiesen und den Zuzug russischsprachiger Jüd:innen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Besonders beeindruckend war im Museum die Symbiose aus künstlerischer Darstellung der Erfahrungen und den Exponaten der Ausstellung.

Die Differenzen der Berliner Kieze während der deutschen Teilung blieb ein verbindendes Thema, auch am Samstag. Am Vormittag konnten wir auf einer Führung, die uns von der Samariterkirche in Friedrichshain bis zum ehemaligen RAW-Gelände führte, dieses Viertel wahrnehmen und auch die Entwicklungen nach der Wiedervereinigung nachempfinden. Nachmittags gab es ein Gespräch mit Domkapitular Stefan Dybowski, der mit viel Charme und musikalischen Einlagen die pastorale Arbeit in Berlin skizziert hat und uns dadurch half, die Perspektiven von Christ:innen in Berlin einzunehmen.

Dieser Perspektivenwechsel und Offenheit für die Bedürfnisse für Christ:innen in Berlin wurde am Sonntag noch einmal verstärkt: Bei unserem Gespräch mit Manfred Hösl aus der Jesuitenpfarrei Sankt Canisius in Berlin Charlottenburg standen die pastoralen Projekte im Vordergrund. Besonders spannende Themen waren die fluktuierenden Gemeindestrukturen, der Umgang mit verschiedenen christlichen Strömungen und Positionen sowie die Selbsteinschätzung der katholischen Menschen in Berlin. Im Anschluss konnten wir gemeinsam mit Manfred Hösl SJ in Sankt Canisius Gottesdienstfeiern und die wunderschöne, lichtdurchflutete Atmosphäre in der Kirche miterleben. Die lange Reise zurück nach Mainz gab genügend Reflexionsmöglichkeit und die Eindrücke der Stadt werden wohl noch lange sehr präsent bleiben.

Foto: Elias Kiesling Bericht: Christopher Schönemann
Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Archiv 2023