„Beschütze uns gegen die Bosheit und die Nachstellung des Teufels.“ – Mit dieser Bitte beginnt nicht nur das Gebet zum Heiligen Erzengel Michael, sondern auch Martin Lüstraetens Antrittsvorlesung am Freitag, den 25. Oktober 2024. Anhand von amerikanischen Prayercards aus dem Jahr 2018 – kleinen Gebetskärtchen mit einer bildlichen Darstellung des Erzengels Michael sowie dem Text des Gebetes – veranschaulicht Martin Lüstraeten das Thema seines Vortrags: Das Gebet zum Heiligen Erzengel Michael als liturgische Reaktion auf die Missbrauchskrise.
In einem historischen Abriss stellt Martin Lüstraeten die Entwicklungen des Michaelsgebets dar. Unter Papst Pius IX wird 1859 eine Gebetskomposition für den Kirchenstaat eingeführt, die erst 1886 um das Michaelsgebet ergänzt wird. Mit dem Erzengel Michael als Bezwinger des Bösen wird dieses Gebet für den Kampf gegen äußere Feinde zentral, was wiederum der Mentalität einer Zeit entspringt, zu der sich der Kirchenstaat von den Nationalstaaten und den Freimaurern bedroht sah. Besonders interessant ist eine Entwicklung im Jahr 1930: Es erfolgt eine Umwidmung des Gebets auf Russland, da der Kirchenstaat zu dieser Zeit bereits gesichert ist. Das Gebet wird nun aus einem anderen Anlass gesprochen, der Text bleibt jedoch unverändert. Allerdings verliert das Gebet in der Mitte des 20. Jahrhunderts bereits seine Bedeutung.
Doch wieso erfährt das Michaelsgebet 2018 ein Revival? Um diese Frage zu beantworten, zeichnet Martin Lüstraeten die Hintergründe des Missbrauchsskandals in Amerika und Deutschland nach. Dabei wird deutlich, dass 2018 ein Zusammenhang zwischen den Entwicklungen der Missbrauchskrise und der Wiederbelebung des Michaelsgebet festzustellen ist: Papst Franziskus ruft die Gläubigen dazu auf, das Michaelsgebet jeden Tag im Marienmonat Oktober zu beten, vier Tage nach der Veröffentlichung der MHG-Studie. Mit der Verbreitung des Gebets auf den eingangs erwähnten Prayercards erfährt es eine neue Bedeutung: In dem Gebet steckt nun auch Politik.
Und wie ist diese Wiederbelebung des Michaelgebets nun zu bewerten? Martin Lüstraeten stellt differenziert dar, dass liturgische Reaktionen zwar heilsam wirken können, indem ritualisierte Reaktionen im Gebet helfen, nicht zu verdrängen und ein Bewusstsein um die Unsichtbaren zu entwickeln, aber ritualisierte Handlungen ersetzen keine Reue. Abschließend betont er, dass der Einsatz des Michaelsgebetes keine angemessene liturgische Reaktionen darstellt. Wie eine liturgische Reaktion aussehen könnte, bleibt offen. Für Martin Lüstraeten ist jedoch klar, so nicht.
Im Anschluss an den Vortrag hat Dekan Konrad Huber Martin Lüstraeten die Habilitationsurkunde feierlich überreicht. Bei Getränken und Snacks wurde dieser Tag gemeinsam gefeiert. Wir gratulieren Martin Lüstraeten zu dem erfolgreichen Abschluss seines Habilitationsverfahrens und wünschen ihm für seinen weiteren Lebensweg alles Gute.